School
Africa

März 2013

Donnerstag, 21.3.

Etwas Wehmut war dabei, denn heute wäre meine Schwester Elisabeth 48 Jahre alt geworden. Natürlich musste ich an die Ereignisse vor 19 Jahren denken, nicht nur weil der Unfalltod von Lissi der Beginn der Kinderhilfe Tansania war. Wir können seitdem dank der großzügigen Unterstützung von vielen Menschen Hilfsprojekte hier in TZ verwirklichen. Das Land hat sich seither verändert, es findet eine positive Entwicklung statt, vielleicht wird unsere Hilfe dadurch auf kurz oder lang überflüssig?
Bereits beim Anflug kann man erkennen wie die aktuelle Situation ist. Aus der Luft sieht man, dass die Felder bereitet sind für die Aussaat, insgesamt sieht es aber so aus, als ob noch der Regen fehlt, den die Menschen hier brauchen um säen zu können.


Gleichzeitig ist es für mich immer wieder erschreckend zu sehen wie die Gewächshäuser regelrecht aus dem Boden schießen. Jedesmal sind neue gebaut worden. Das klingt zunächst mal nach Fortschritt, man muss aber wissen, dass darin die Schnittblumen für unseren europäischen Markt angebaut werden. Der (für mich eigenartige) Wunsch auch im Winter immer Blumen zu haben führt dazu, dass wertvolles Ackerland an große, meist holländische Konzerne vergeben wird. Da der Profit dadurch wieder ins Ausland geht und der hohe Pestizideinsatz den Boden vergiftet und auch das wenige Wasser für "unsere" Blumen verbraucht wird, ist das ein Verbrechen an der afrikanischen Bevölkerung.


Es ist warm in der Massaisteppe, bei der Ankunft um 13:00 Uhr hat es 30 °C, sehr schön, wenn man unser Wetter daheim bedenkt! Die Straße nach Uomboni wird jedes Jahr repariert, nach der Regenzeit ist sie aber wieder so ausgewaschen, bei uns ist jeder Feldweg in einem besseren Zustand. Unglaublich, dass hier LKWs, sogar mit großen Containern beladen verkehren!


In Uomboni am Fusse des Kilimanjaros auf ca. 1500 m Höhe hat es am späten Nachmittag noch angenehme 25 °C, abends wird es aber kühl. Hier laufen die Vorbereitungen für die Karwoche und die Osterfeiertage, als wir um ca. 17:00 Uhr ankommen ist gerade eine der vielen Messen zu Ende.


Wir geniessen aber die Temperaturen und den Rest des Tages, zumal heute nichts mehr auf dem Programm stand. Morgen steht uns viel Arbeit bevor.


Freitag, 22.3.

In der Nacht gab es ein sehr starkes Gewitter, monsunartiger Regen, laute Donnerschläge und taghelle Blitze ließen uns erst spät einschlafen. Am Morgen war der Kilimanjaro tief verschneit, während ich den Bericht von gestern schreibe, kann ich den Gipfel sehen, wie er blendend weiß über unserer Lehrwerkstatt leuchtet, es ist beeindruckend.


Unser Frühstücksthema war folgende Story: Hier in der Nähe gab es vor einiger Zeit einen Raubüberfall, bei dem der Besitzer eines Kiosks erschlagen wurde. Die Täter konnten nicht gefasst werden, bis gestern einer von ihnen nach einigen Krügen Pombe (Hirsebier) damit prahlte und die Polizei verhöhnte, worauf ihn einige entschlossene Männer überwältigten. Da der Pfarrer hier oben am Berg mangels staatlicher Präsenz die wichtigste Person ist und ein Auto hat, wurde er gebeten mit ihnen zur Polizeistation nach Himo zu fahren, es war schon 22.00 Uhr. Natürlich blieb ihm keine andere Wahl und er fuhr mit seinem Pickup los, mitten im beginnenden Gewitter. Kurz vor dem Ziel ging das Auto kaputt und blieb liegen, da waren die Männer auf der offenen Ladefläche bereits tropfnass. Anicet rief die Poilzei an und bat darum, dass sie kommen und ihnen helfen sollten. "Wir können nicht, wir haben kein Benzin und auch kein Geld uns welches zu besorgen!" Also organisierte Anicet mitten in der Nacht Jemanden, der der Polizei Sprit gab, was er natürlich selbst zahlen musste. Es ist aber davon auszugehen, dass dies eine geschickte Form von Unterschlagung war, denn das Geld für diese Menge Benzin haben die Polizisten bestimmt als eigene Ausgabe angegeben und behalten. Solche Umstände führen im Endeffekt dazu, dass man lieber nichts mit der Polizei zu tun haben will, wenigstens haben sie ihn mitten in der Nacht noch heimgefahren.

Den Freitag haben Michael und ich in "unserer" Hugo-Mill Berufsschule verbracht. Bis zum Abendessen, nur unterbrochen durch eine kurze Mittagspause, haben wir gearbeitet und den Computerraum eingerichtet. Installiert wurde ein Netzwerk, das alle PCs miteinander verbindet und die Lehrinhalte über einen Beamer anzeigbar sind.


Wir bekamen viel Unterstützung von den Schülern, sogar der Schulleiter der nahe gelegenen Secondary School ließ es sich nicht nehmen tatkräftig mitzuwirken, schließlich ist geplant, dass auch seine Schüler hier Computerunterricht bekommen.


Mit der Installation sind wir im Wesentlichen fertig geworden, morgen sind noch einige kleine Dinge zu erledigen und Michael wird einen Einführungskurs für die Lehrer halten.


Samstag, 23.3.

Auch letzte Nacht gab es wieder ein sehr starkes Gewitter mit heftigem Regen. Eigentlich ist das gut: tagsüber ist es trocken und warm, in der Nacht fällt der nötige Regen, damit der Mais wachsen kann, also wirklich ideal. Leider ist der Regen oft zu heftig, zumindest für die Straßen hier ist das schlecht, sie werden regelrecht ausgewaschen. Dass das Gewitter unsere Arbeit hier stört merkten wir erst, als wir die Computer anmachen wollten und kein Strom da war.

Der Blitz hat den Wechselrichter der Solaranlage lahmgelegt. Auch das wäre kein Problemgewesen, aber auch TANESCO, der öffentliche Stromversorger, musste das Netz abschalten. Da blieb nur noch der Stromgenerator der Pfarrei, aber irgendwie wollte auch der nicht laufen, Pfarrer Anicet hat alles probiert, er ging nicht an.


Da wir sowieso eine Schulausschusssitzung anberaumt hatten waren die Lehrer schon alle da, so konnte Michael nur eine theoretische Einführung halten. Wir haben vereinbart, dass wir am Sonntag, wenn Strom da ist, das nachholen. Wenigstens konnten wir die Anlage fertig einrichten, theoretisch sollte alles laufen.

Der Stromausfall ist auch für die Leute ein Problem, die keinen Stromanschluss haben, denn sie können ihren Mais nicht mahlen lassen. Die Maiskörner werden daheim vom Kolben getrennt, dann geht es zur Maismühle, die von der Pfarrei betrieben wird.


Die geht natürlich nur, wenn Strom da ist. Für das Wochenende lässt man den Mais am Samstag früh mahlen, aber heute mussten die Kinder mit ihren Maissäcken wieder heimgehen, stampfen ist wieder angesagt.


Die Schulausschusssitzung musste angesetzt werden, da wir ein fast komplett neues Lehrerteam haben und hier in TZ muss die Einstellung von Lehrern vom Ausschuss offiziell genehmigt werden. Zudem gab es Vorbereitungen zu treffen hinsichtlich der Registrierung als staatlich anerkannte Berufsschule. Im April ist eine Delegation der VETA (Berufsschulverband) angekündigt und wird die Genehmigung erteilen. Dies ist der Lohn für die Arbeit der letzten Jahre und wir haben uns sehr darüber gefreut!


Hier in der Pfarrei laufen die Vorbereitungen auf die Karwoche und Ostern, sowie auf die Kommunion am Ostermontag. Den ganzen Tag ist was los auf dem Kirchplatz,


Chorprobe, Kinderbeichte, Kirche reinigen, Kirchplatzsanierung, Kommunionunterricht... alles Aufgaben, die von den Pfarreimitgliedern erledigt werden.


Die Pfarrei ist dabei der soziale Mittelpunkt des gesamten Lebens der Menschen, staatliche Stellen gibt es hier oben nicht.

Da die PC einführung auf Sonntag verlegt worden ist haben wir ausreichend Zeit die Familie von Pater Christian zu besuchen, sie wohnen auf ca. 1700 m am Rand der bebauten Zone, nach ihrem Haus beginnt der Kilimanjaro Nationalpark. Wir sind mit dem Auto gefahren und treffen immer wieder Kinder, die vergeblich mit dem Mais in die Pfarrei gekommen sind. Sie rufen: „lifti, lifti“ (mitfahren), die die am Weitesten oben wohnen haben wir natürlich mitgenommen.


Überhaupt haben die Kinder hier ihre festen Aufgaben. Dazu gehört auch Holz zu sammeln, damit die Familie kochen kann. Schon die Kleinsten gehen mit ihren Geschwistern mit.


Wir besuchen die Familie gerne, sie sind immer froh uns als Gäste begrüßen zu können und Neues von Pater Christian zu hören, der im kalten Deutschland „leiden“ muss.


Das Leben hier oben ist nicht leicht, besonders für die Frauen. Die Männer sind unter der Woche im Tal um zu arbeiten, so liegt die ganze Last auf ihnen.


Joseph, der älteste Sohn des Clans kann nach Jahren harter Arbeit endlich sein Steinhaus bauen, ganz stolz zeigt er uns die Fortschritte.


Das Bauen hier oben ist sehr teuer, denn alle Baumaterialien müssen aus dem Tal heraufgebracht werden. Zudem ist das Gelände sehr felsig, was z.B. das Ausgraben der Sickergrube sehr erschwert, alles natürlich Handarbeit!


Dieser Tag war für uns alle vollgepackt mit Programm und Arbeit. Wir hatten Glück, dass es heute richtig warm war, so konnten wir mit Pfarrer Anicet im Freien bei einem Feierabendbier entspannen.



Sonntag, 24.3.

Heute ist Palmsonntag, für die Christen bedeutet das den Beginn der Karwoche und damit die wichtigste Woche im kirchlichen Jahresablauf. Die streng gläubigen Menschen hier zelebrieren dies entsprechend und so ist es nicht verwunderlich, dass die 3 Messen hier in Uomboni noch voller sind als an anderen Sonntagen. Vor der Frühmesse ist auf dem Kirchplatz die obligatorische Palmweihe.


Hier gibt es natürlich echte Palmen und jeder hat einen Teil eines Zweiges dabei, teilweise kunstvoll geformt.


Eine bemerkenswerte Sache gab es dann während der Messe und zwar wurde statt der Predigt ein „Hirtenbrief“ der Bischöfe Tansanias vorgelesen. Es geht dabei um eine Sache die ich zunächst gar nicht verstanden habe, so fremd ist sie mir. Es gibt Moslems, hauptsächlich in Sansibar, die für sich das Recht des Schlachtens reklamieren (kein Witz!). Sie empfinden, dass nur ihre Art des Schlachtens von Tieren richtig ist und finden sich in ihrem Empfinden gestört, wenn Christen in ihrer Nähe Tiere schlachten. Das klingt eigentlich unglaublich, das ist es natürlich auch in den Augen der Christen und der anderen Glaubensgemeinschaften. Leider kam es aber auf einer der Inseln, die traditionell moslemisch geprägt sind, dazu, dass aufgebrachte Moslems in diesem Zusammenhang gegen eine Christengemeinschaft demonstriert haben und dabei ist ein christlicher Priester getötet worden. Da die Regierung zunächst sehr zögerlich vorgegangen ist kam es zu mehr oder weniger starken Irritationen in der Bevölkerung. Die Bischofskonferenz wollte mit diesem Brief die Christen aufklären und zur Mäßigung aufrufen, aber auch deutlich machen, dass diese Haltung nicht akzeptabel ist. Inzwischen hat die Regierung reagiert und die Täter verhaftet und es wurde Anklage erhoben. Für uns ist es mittlerweile „Pflicht“ nach der Messe zu den Leuten zu gehen, viele wollen uns persönlich begrüßen und uns zeigen, wie froh sie sind, dass wir uns hier oben in dieser abgelegenen Pfarrei so engagieren.


Da wir am späten Nachmittag zum Flughafen fahren mussten und da heute Strom von TANESCO da war, hat Michael gleich nach dem Mittagessen den beiden anwesenden Lehrern und Pfarrer Anicet eine Einführung ins das Computernetzwerk gegeben. Ich bin sehr froh, dass er dabei ist, da kann ich mich wenigstens darauf verlassen, dass das richtig installiert ist.


Während wir drinnen waren fand draußen auf der Veranda unserer Lehrwerkstatt für Elektriker schon wieder die nächste Bibelstunde für die Kommunionkinder und die Firmlinge statt, hier ist also immer was los.


Dies zeigt nochmal deutlich, dass die Pfarreien in den ländlichen Gegenden eine feste soziale Struktur haben und dadurch den Menschen Halt geben. Es ist nicht selten hier in Tansania, dass die Kirchen, wie hier in Uomboni, ein Garant sind, dass etwas für die Menschen getan wird. Es kommt natürlich dabei sehr stark auf den Pfarrer an und wir haben in Anicet einen sehr guten Pfarrer!
Wie immer sind wir etwas spät aus Uomboni weggekommen und so mussten wir uns sehr beeilen, um rechtzeitig zum Flughafen zu kommen, diesmal wenigstens ohne Unfall (s. Februar). Um 20:15 Uhr sind wir wohlbehalten in Dar es Salaam angekommen. Hier erschlägt uns fast die Hitze und die Luftfeuchtigkeit nach einem Regentag!


Montag, 25.3. - Mittwoch, 27.3.

Die nächsten 3 Tage sind dem neuen street children Projekt gewidmet, das wir zusammen mit der tansanischen Sozialarbeiterin Norah Kaayah durchführen. Doch zunächst haben wir in der Stadt in Kariakoo nach UPS Geräten für die Berufsschule Ausschau gehalten, die hier beim Arbeiten mit Computern nötig sind. Sie halten bei Stromausfall kurzzeitig das Stromnetz aufrecht, damit die Arbeit noch gespeichert werden kann. Kariakoo ist das Zentrum des Kleinhandels hier in Dar es Salaam, unzählige kleine Geschäfte in verwinkelten Gassen, die nach Regenfällen nass und schlammig sind. Aber hier bekommt man alles, wobei die Waren meist aus China kommen. China ist auch der größte Handelspartner Tansanias, wobei die Menschen die Nase voll haben von den unzähligen sehr minderwertigen chinesischen Waren, die hier auf dem Markt angeboten werden.
Am Montag Nachmittag trafen wir uns mit Norah, um die in den zurückliegenden Wochen ausgearbeiteten Strukturen des Straßenkinderprojekts zu verabschieden und die Arbeit offiziell zu starten. Der Projekttitel heißt: „Children for better future“ („Kinder für eine bessere Zukunft“) und wird getragen von der Kinderhilfe Tansania und lokalen Partnern in Dar es Salaam.
Am Dienstag fuhren wir zum Grundstück, auf dem die Einrichtung gerade gebaut wird. Der Umgrenzungszaun ist fertig,


eine Wasserstelle ist gebohrt,


jetzt geht es an den Bau der Gebäude, wie Klassenzimmer, Schlafräume und Büro.
Am Mittwoch trafen wir einige potentielle Unterstützer, wir wollen das Projekt in der tansanischen Bevölkerung verankern, zumindest die Reichen hier könnten einen Beitrag leisten. Die ersten Gespräche waren vielversprechend. Unter dem Motto „Warum sollen deutsche Spender alleine diesen Kindern helfen, wenn auch Tansanier zur Verfügung stehen“! Ich bin mal gespannt wie das laufen wird.
In Tansania gibt es einige Gebiete die so arm sind, dass viele diese Gegend verlassen und in Richtung Städte ziehen. So sieht man in Dar es Salaam immer mehr Menschen, die auf der Straße leben. Oft sind es wirklich ganze Familien, die am Straßenrand schlafen.


Sie werden zwar von den Behörden bei Kontrollen immer wieder entfernt, kommen aber zurück. Ein großes Problem sind dabei die Kinder, die ohne Erwachsene in dieser Großstadt auf der Straße leben. Tagsüber sieht man sie, wie sie an Kreuzungen versuchen von den Autofahrern Almosen zu erbetteln, was selten gelingt, denn damit wollen viele hier nichts zu tun haben. Es wird einfach weggeschaut.


Eine genaue Beschreibung von „Children for better future“ unter Projekte.