Noch sind die Familien und die Clans ein wichtiges soziales Element in der Gesellschaft, aber auch in Afrika ist ein grundlegender gesellschaftlicher Wandel zu beobachten. Viele Jugendliche zieht es aus den ländlichen Regionen in die Ballungsgebiete, allen voran nach Dar es Salaam. Es entsteht eine Art „sozialer Armut“ in den ländlichen Gegenden, denn die traditionelle Rollenverteilung funktioniert nicht mehr. Die Familienstruktur ändert sich dramatisch und nicht selten bleiben dabei die Kinder auf der Strecke. In den städtischen Familien, in denen Armut herrscht oder in denen die Eltern gestorben sind, ist die Gefährdung für die Kinder besonders groß, auf die Straße zu geraten, wo sie vom Betteln und Stehlen, aber auch von kleinen Arbeiten leben. Im Grunde sind die Straßenkinder aber „Freiwild“, mit dem man machen kann was man will. Ausbeutung, Misshandlungen und Vergewaltigungen sind an der Tagesordnung. Diese Kinder haben ohne Unterstützung keine Chance dem Teufelskreis zur Kriminalität und/oder Armut zu entgehen.
Damit dies wenigstens Einigen gelingt wollen wir ein „drop in center“ aufbauen, das als Anlaufstelle für die Kinder dient, Zielgruppe sind die 7 – 14 Jährigen, der Schwerpunkt wird auf HIV infizierten Kindern und Jugendlichen liegen. Initiatorin dieses Projektes ist Norah Kaaya, die es mit viel Engagement und auch unter Aufwendung eigener Mittel vorantreibt. Sie ist beruflich als Sozialarbeiterin einer amerikanischen NGO tätig und hat durch diese Projekte viel Erfahrung in diesem Bereich.
Im Rahmen unserer Möglichkeiten sind wir gerne Partner und helfen mit bei der Realisierung.
Inzwischen ist unsere Einrichtung in Tansania offiziell als NGO registriert, der Name lautet:
Children and Youth for better Future
In Zusammenarbeit mit der Stadtverwaltung werden street worker die Kinder aufsuchen und ermutigen mit zur Einrichtung zu kommen. Es erfolgt eine Registrierung durch die Stadtverwaltung, denn Ziel ist es die Kinder in die Familie zurückführen zu können.
In unserem Center erhalten die Kinder eine medizinische Grundversorgung, Essen und es wird versucht sie zu unterrichten, damit sie wenigstens Lesen, Rechnen und Schreiben lernen, bzw. den Anschluss an eine stattliche Schule erreichen. Diese Aufgabe wird von ehrenamtlichen Lehrern übernommen. Ist eine Rückführung in die Familie nicht möglich ist können sie für maximal 6 Monate in unserer Einrichtung wohnen. Es wird selbstverständlich rechtzeitig eine Anschlussmaßnahme vorbereitet, wie z.B. Waisenheim, Internate, usw. Hier arbeiten wir mit anderen Organisationen zusammen, die HIV Infizierte Kinder und Jugendliche betreuen.
Zurzeit bauen wir gerade ein Haus mit je einem Schlafsaal für Jungen und Mädchen mit je 50 Betten. Neben 5 Klassenzimmern umfasst das Zentrum noch eine Küche mit Speisesaal, ein Untersuchungs- und ein Krankenzimmer, Verwaltungsräume, sowie Sanitärräume. Die Betreuung entspricht im Wesentlichen der Struktur wie in unseren Kinderheimen, in denen Erzieher im Wechsel Dienst haben und dabei auch dort wohnen.
Eigentlich sollte das Haus 2014 eröffnet werden, aber die Baumaßnahmen verzögerten sich erheblich: mehrmals war die Zufahrt monatelang wegen Hochwasser nicht befahrbar, ein Verschulden der Stadtverwaltung, die für den Bau der Straße zuständig ist (Korruption?), dann gab es einen Baustopp wegen angeblicher „Zweckentfremdung des Flächenplans“, als man die Parzellen zur gewerblichen Nutzfläche umwidmen wollte. Mit Mühen konnte der Rohbau 2014 fertiggestellt werden, das Dach des Hauptgebäudes wurde im Januar 2015 gedeckt, rechtzeitig vor einer heftigen Regenzeit. Das Nebengebäude (Küche, Waschhaus) konnte deshalb erst im April gedeckt werden.
Was dann geschah ist irgendwie ein typisches Beispiel für das Klischee von Afrika:
In den folgenden Monaten kam es –übrigens bis heute (Nov 16!)- in der gesamten tansanischen Gesellschaft wegen den bevorstehenden Wahlen zu einem dramatischen Stillstand. Zum ersten Mal in der Geschichte des Landes gab es eine realistische Siegchance für die Opposition. Zu groß war die Wut über die korrupten Politiker, man befürchtete sogar Unruhen. (s. Reiseberichte August und Dezember 2015). Der neue Präsident John Magufuli hat nach seinem Antritt einen Haushaltsstopp erlassen und eine Umstrukturierung der Verwaltung vorgenommen. Soziale Aktivitäten wie das Straßenkinderprojekt werden nur zugelassen, wenn staatlich anerkannte Träger beteiligt sind. Diese geänderten Vorschriften sind der Grund dafür, dass die Einrichtung nicht in der geplanten Struktur betrieben werden kann. Wir berichten, wie es weitergeht.