School
Africa

Dezember 2015

Uomboni

Wenn nur die lange Anreise nicht wäre, wäre es viel schöner nach TZ zu fahren, es war wieder sehr ermüdend. Wenigstens entschädigen die ca. 23 °C, es ist sehr angenehm im Dezember in Sandalenund kurzen Ärmeln rum zu laufen. Gleich nach der Ankunft am Kililmanjaro Airport ging die „Arbeit“ los, Fr. Juvenal und ich haben in Moshi Dinge für die Berufsschule eingekauft,

denn am Montag, 7.12. ist die jährliche Abschlussprüfung, die darüber entscheidet, wer in das nächste Lehrjahr vorrücken darf. Diese Prüfung wird zum ersten Mal bei uns in der Schule abgehalten, bisher mussten unsere Schüler dazu immer an eine andere Berufsschule gehen. Der schriftliche und praktische Test geschieht unter staatlicher Aufsicht und muss einem bestimmten Prozedere folgen. So müssen z.B. Einzeltische aufgestellt werden, die wir extra dafür anfertigen lassen müssen. Es ist irgendwie typisch afrikanisch, dass dies auf den letzten Drücker geschieht. Aber egal, zumindest ist der Raum hergerichtet.

Die Schulaufsichtsbehörde hat bei der Schulvisitation einige Mängel festgestellt und auch die müssen behoben werden, sonst kann die Prüfung an unserer Schule nicht stattfinden. Wichtigster Punkt dabei – der Feuerlöscher. Unsere Elektrolehrlinge werden zu ihrer Prüfung nach Samanga in eine andere Berufsschule gebracht, da wir noch nicht alle Materialien haben, es fehlen z.B. noch Elektromotoren und Starkstrom. Durch das Einkaufen sind wir erst kurz nach 18:00 Uhr in Uomboni angekommen, also kurz bevor es dunkel wird. Hier oben auf ca. 1600 m Höhe ist es um diese Zeit schon recht kühl, die Leute tragen dicke Jacken, es hat ca. 18 °C. Die Wahl der neuen Regierung ist gerade mal fünf Wochen vorbei überall hängen noch die Fahnen und Banner der verschiedenen Parteien über den Straßen:

grün für CCM, die Regierungspartei seit zig Jahren, alle anderen Fahnen und Banner gehören zu den Oppositionsparteien, die sich zu einem Bündnis zusammengeschlossen haben, um endlich einen Wechsel herbeiführen zu können, was ja nicht geklappt hat. Es sieht aber so aus, dass die Leute nach der Enttäuschung über den Wahlausgang vom neuen Präsidenten viel halten, auf jeden Fall wird viel von ihm erwartet. Da höre ich bestimmt noch mehr darüber die nächsten Tage!

Gestern Abend war das Thema Wahlen, wie ich vermutet habe, eines der Topthemen. Der neue Präsident Magufuli hat sich schon nach wenigen Tagen als Reformer gezeigt, der die Korruption und andere Missstände beseitigen will. Um zu demonstrieren, dass ab sofort ein neuer Wind weht hat er einige Ankündigungen gemacht, die seine Parteimitglieder regelrecht geschockt, aber die Bevölkerung euphorisiert haben: die obligatorische große Feier zur Einsetzung des neuen Parlaments, die bisher mit großen Beträgen von den Banken gesponsert wurde ist zu einer kleinen Feier umgestaltet worden, die Ersparnis von ca. 100 000 € wurde von ihm für den Bau einer wichtigen Straße in Dar es Salaam verwendet, für die bisher im Haushalt kein Geld vorhanden war. Den nächsten Knaller werde ich am Donnerstag erleben: die Paraden zum Unabhängigkeitstag Tansanias, für die im Haushalt mehr als 1 Million € vorgesehen waren werden ersatzlos gestrichen. Anstatt dessen hat Magufuli an dem Feiertag einen öffentlichen Arbeitstag angekündigt, an dem sich die Bevölkerung in ihrer Heimatregion für soziale Projekte einsetzen soll, die Bediensteten des Staates wurden dafür dienstverpflichtet. Ich bin mal gespannt! Der politisch riskanteste Schritt ist aber, dass er bis heute, 5 Wochen nach der Wahl seine Minister noch immer nicht ernannt und ganz klar ausgesagt hat, dass er viele der alten Riege nicht mehr einsetzen wird. Das ist ein gewagtes Spiel, aber weil er seine Ziele so unbeirrt verfolgt hat er seit seiner Zeit als Verkehrsminister den Spitznamen „Bulldozer“, mal sehen wie lange er das durchhält und wie lange er gegen seine eigenen (korrupten) Parteigenossen regieren kann. Das Fazit der Gespräche gestern Abend: die Menschen erwarten viel von ihrem neuen Mann an der Spitze, für sie ist er der „richtige Mann in der falschen Partei“! Diese Diskussion habe ich nach den Eindrücken im August erwartet, nicht erwartet habe ich aber das andere Thema, das lange diskutiert wurde, nämlich die Flüchtlingskrise in Europa. Durch ITV, Radio und Internet sind die Leute relativ gut informiert. Sie zeigen aus der Erfahrung ihres Landes heraus Verständnis für die Flüchtenden, vor allem für die von Kriegen betroffenen Menschen. Tansania hat ja seit vielen Jahrzehnten selbst Flüchtlingsströme zu bewältigen. Ruanda, Somalia, Südsudan, Kongo und ganz aktuell die über 100 000 Flüchtlinge aus dem Nachbarstaat Burundi belasten die ohnehin nicht sehr gute Lage. Wenn ich das so höre denke ich mir schon, dass wir in Deutschland etwas sehr kleinkariert denken, zumal wir ja zumindest durch unsere Waffenlieferungen mit schuldig an den Ursachen sind und auch noch wirtschaftlich davon profitieren. Es war irgendwie eine ganz normale Stammtischdiskussion, wie sie auch bei uns geführt wird. Was für mich persönlich wichtig ist, ist die Aussage, dass eine Verbesserung der Lebensumstände dazu führt, dass die Menschen in ihrem Land bleiben. Als Beispiel haben sie Uomboni genannt: die Wiedereröffnung der Krankenstation, der Bau der Berufsschule, die modernisierte Secondary School, die Möglichkeit mit Mikrokrediten sich eine wirtschaftliche Basis zu schaffen, die Versorgung mit Solarstrom, die verbesserte Verkehrsanbindung u.v.m. hat dazu geführt, dass sich hier in dieser abgeschiedenen Region wieder Leute ansiedeln und die Jungen im Ort eine Zukunft haben. Ausdrücklich soll ich das Dankeschön an die vielen Unterstützer der Kinderhilfe Tansania weitergeben, ohne die das nie möglich geworden wäre. Wir haben durch unsere Hilfsmaßnahmen die nötigen Impulse gebracht, damit sich die Gemeinde mit über 10.000 Menschen entwickeln kann. Vielleicht sollte die staatliche Entwicklungshilfe auch stärker vor Ort Projekte mit den Menschen durchführen.

Ich komme jetzt seit 10 Jahren nach Uomboni, aber so deutlich habe ich die Aufbruchsstimmung noch nie wahrgenommen. Viele leben noch in eher ärmlichen Holzhütten, in denen es auf dieser Höhe ganz schön kalt wird,

Aber es gibt immer mehr neue oder renovierte Häuser, ein Zeichen dafür, dass man sich hier (wieder) eine Zukunft vorstellen kann.

Die verbesserten Bedingungen zeigen sich auch deutlich in der Verkehrsanbindung. Ich habe schon öfter in den Reiseberichten erwähnt, dass trotz der schlechten Straßen und der weiten Entfernung ein daladala (Kleinbus) seinen Endhaltepunkt nach Uomboni hoch verlegt hat, inzwischen sind es 6 daladalas, die hier ständig verkehren. Zum ersten Mal habe ich erlebt, dass inzwischen auch pikipiki (Moped-) Taxis hier ihren Stand haben:

Dies ist ein deutliches Zeichen für die gewachsene Bedeutung Uombonis! Der Alltag der Menschen, hauptsächlich der Frauen, besteht aber immer noch aus harter (Hand-) Arbeit und ist sehr mühsam: Feuerholz besorgen

Futter für Kühe und Ziegen schneiden und herbeischaffen,

Auch die Kinder haben dabei ihre Pflichten und müssen mitarbeiten:

Während Frauen und Kinder eher die alltäglichen Arbeiten zur Versorgung von Familie, Haus und Tieren verrichten arbeiten die Männer in ihren „Berufen“, wobei die allermeisten von ihnen nicht unbedingt eine Ausbildung dafür haben, was sie machen. Einige haben sich aber spezialisiert und werden zu fundis (Arbeitern) in ihrem Metier. Es ist dabei eher die Ausnahme, dass mit Maschinen gearbeitet wird, wie etwas bei dem Mann mit der Motorsäge. Er ist eigentlich dafür zuständig, große Bäume zu fällen, aber wenn er gerade hier ist, dann kann er auch Latten schneiden, das geht einfacher als mit der Handsäge.

In der Regel hat ein Arbeiter aber kein entsprechendes Werkzeug wie bei uns, Afrikaner sind die Meister des Improvisierens. Auf der Baustelle werden Eisendrähte für die Bügel, die man beim Betonieren braucht zunächst mit einer mickrigen Eisensäge auf die richtige Länge geschnitten, dann mit einem Holz gerade geklopft und dann auf einem Nagelbrett gebogen. Ein Mann hat da den ganzen Tag zu tun.

Ganz abenteuerlich arbeiten die Auto- und Motorradmonteure, es wird geflickt und repariert, oft ohne Rücksicht auf Verkehrssicherheit, Hauptsache das Fahrzeug geht wieder. Umweltschutz gibt es nicht, ob da Öl in den Boden läuft oder nicht hat hier keine Bedeutung.

Manche spezialisieren sich auf Tätigkeiten für die es einen Markt gibt, wie der Schleifer mit seinem Rad.

Die meisten der Jugendlichen versuchen irgendwie in den Verkauf zu kommen, sie wollen business men werden. Dahinter steckt der Traum möglichst schnell zu Geld zu kommen. Viele fangen als Straßenverkäufer an, die v. A. zur Stelle sind wenn Busse kommen. Der kurze Stopp wird ausgenutzt um ihre Waren anzupreisen und durch die Fenster zu reichen.

Häufig haben sie von den „Kunden“ ihr Geld noch nicht erhalten, wenn der Bus schon losfährt, da heißt es nebenher rennen und auf ehrliche Passagiere hoffen. Es gibt noch viele Beispiele, wie sich die Menschen hier mit verschiedenen Tätigkeiten über Wasser halten, für alle aber gilt, wer nichts tut, kommt zu nichts, eine soziale Grundsicherung wie bei uns „Hartz 4“ gibt es hier nicht. Trotz all der schwierigen Bedingungen strahlen die Menschen hier eine Lebensfreude aus, die ansteckend wirkt. Freundlichkeit ist eine Tugend, der man überall begegnet, man nimmt sich Zeit füreinander und versteht auch zu feiern. In Städten und Dörfern geht man am frühen Abend, wenn man es sich leisten kann, mit Freunden in eine der zahlreichen Straßenkneipen.

In ländlichen Gegenden gibt es spezielle Plätze, wo man „pombe“ trinkt. Dieses selbst gebraute Bier aus Hirse und Bananen gehört auch in Uomboni zu den wenigen Freuden, denen man sich am Wochenende hingibt. Das Getränk wird in großen Fässern angerichtet und hat je nach Gärungsgrad eine berauschende Wirkung, es ist stärker als unser Bier in Deutschland.

Getrunken wird das mbege aus einem ausgehöhlten Kürbis, der Kalabash genannt wird.

Das Schuljahr endet hier Anfang Dezember, die Schüler sind bereits in ihren Sommerferien. Deshalb sind an unserer Berufsschule nur die da, die sich auf die Prüfung am kommenden Montag vorbereiten. Neben den praktischen Prüfungen gibt es auch einen theoretischen Teil mit dem Fach „Computer work“. Da gilt es mit der Lehrerin noch die letzten Wiederholungen zu bewältigen, damit ein gutes Ergebnis herauskommt.

Da der Staat keine entsprechenden Einrichtungen anbietet ist die Pfarrei für die über 10000 Christen der soziale Mittelpunkt, es gibt einzelne Gruppen, die sich um die Belange der Menschen kümmern, sei es in der Altenbetreuung und v. A. für die Kinder. Wenn in unserer Schule am Samstag Kommunionunterricht für die Drittklässler stattfindet sind weit über 100 Kinder da!

Da kommt es auch mal zu für uns eher befremdlichen Situationen, dass in der Kirche gerade eine Trauung stattfindet, während draußen bereits die Trauergäste einer Beerdigung warten.

Man bringt den Sarg auf einem kleinen pickup zur Zeremonie in der Kirche, die Beerdigung selbst findet dann auf dem Grundstück der Familie statt.

Ich habe heute solch eine Situation erlebt, bei der die Trauung und die Beerdigungsfeier fast gleichzeitig stattgefunden haben. Während das Brautpaar am Ausgang nach rechts wegging

wurde von links bereits der Sarg reingetragen. Der tiefe Glauben der Menschen lässt die Beerdigung auch nicht zu einer Trauerfeier werden, es ist ein Teil des Lebens, das auch gefeiert wird. Die Verstorbene war übrigens 115 Jahre alt!

Unsere Berufsschule läuft jetzt zwar schon seit einigen Jahren aber es ist sehr schwer in dieser abgelegenen Gegend genügend Schüler und Schülerinnen zu finden, um die 4 – 6 Klassen voll zu kriegen. Deshalb müssen wir zu einer boarding school (Internat) werden, was in Tansania bei weiterführenden Schulen sowieso üblich ist. Seit im August Schwester Blanca die Schulleitung übernommen hat, haben wir darauf hin gearbeitet. Gerade wird der Schlafraum gebaut, in dem bis zu 40 Mädchen beherbergt werden können. Die Arbeiten gehen mit Hochdruck voran, am 15.1.2016 beginnt das neue Schuljahr! Pfarrer Juvenal und Sr. Blanca sind überzeugt, dass das klappt. Vor 4 Wochen wurde die Bodenplatte betoniert, heute am 5.12. sind die Außen- und ein Großteil der Innenwände fertig, am 10.12. wird das Dach aufgeschlagen, ein Geschwindigkeitsrekord für Afrika????

Pfarrer Juvenal ist erst seit 3 Monaten in der Pfarrei, aber da er bereits als Kaplan mal eine kurze Zeit hier war kennt er die Situation in Uomboni. Die Leute hier hatten etwas Angst wer wohl der Nachfolger des äußerst beliebten Pfarrers Anicet wird und sind nun sehr zufrieden. Sie haben den jungen Mann, er ist erst 36 Jahre alt, sofort akzeptiert und freudig aufgenommen.

Auch wir hatten etwas Bammel davor wer unser neuer Partner wird, wir haben auch schon schlechte Erfahrungen mit den Wechseln der Pfarrer gemacht. Es muss durch die vielen Projekte doch eine enge Zusammenarbeit geben und entsprechendes Vertrauen da sein. Ich kenne ihn auch noch aus seiner Zeit hier und bin überzeugt: Fr. Juvenal ist der richtige Mann, auch wenn er noch viel zu lernen hat, z.B. wie man ein richtige Buchführung bei der Spendenabrechnung macht.

Mit Pfarrer Juvenal habe ich noch zwei Familien besucht, deren Kinder um Aufnahme in unser Spessart Bike Stipendium gebeten haben. Es wird noch geprüft wer die Chance bekommt, es ist eine weitreichende Entscheidung, die das Gremium der Pfarrei da treffen muss. Benedicta, die seit 2 Jahren von uns gefördert wird, ließ es sich auf jeden Fall nicht nehmen zu kommen und sich für diese Chance zu bedanken, es ist ihr bewusst, dass sie ohne das Stipendium nicht auf die secondary school gehen könnte. Sie schickt hiermit viele

Die 4 Tage in Uomboni waren wunderbar, das Klima um diese Jahreszeit ist für uns Europäer geradezu ideal mit ca. 23 °C tagsüber und angenehmen 18 °C nachts ist es nicht zu heiß. Alles blüht, die Natur ist grün und über allem trohnt der Kilimanjaro.

Wie ich schon erwähnt habe, ist die Stimmung so positiv, wie ich es so noch nicht erlebt habe. Zum einen liegt das an der Entwicklung von Uomboni selbst, zum anderen haben die Menschen Hoffnung, dass mit dem neuen Präsidenten endlich ein neuer Geist in der Gesellschaft einzieht, ich wünsche ihnen, dass sich diese Hoffnung erfüllt!

Dar es Salaam

Ich hätte durchaus noch einige Tage bleiben können, aber ich mache ja keinen Urlaub hier und habe noch Einiges zu erledigen. Um 4 Uhr morgens gings nach Dar es Salaam, Fr. Anicet begleitet mich, so hatte ich Gelegenheit mich wenigstens mit ihm zu treffen. Aus der ländlichen Region nach Dar zu kommen ist wie in eine andere Welt einzutreten. Die Stadt wird immer hektischer, lauter und der Verkehr scheint jedes Mal zuzunehmen. Es hat hier am Indischen Ozean 35 °C, du schwitzt den ganzen Tag. Ich bin jetzt schon froh, dass ich zunächst nur einen Tag hier bleibe, um am board meeting unseres Straßenkinderprojekts teilzunehmen. Die Stadt sieht von oben aus wie eine moderne Großstadt, in den letzten 3 Jahren wurden viele Hochhäuser gebaut.

Wenn man aber in der Stadt drin ist, ist es vorbei mit der Moderne: über die ständigen Dauerstaus habe ich in den letzten Reiseberichten einiges geschrieben, das gehört zu Tagesordnung, schon die Zufahrtsstraßen sind ständig zu.

Es gibt weder Kanalisation, noch eine ausreichende Müllbeseitigung, in der Regel wird der Müll einfach vor dem Haus verbrannt.

Die Stadt ist dreckig, zumindest gibt es seit diesem Jahr immer wieder Reinigungstrupps, die die Straßen kehren.

Aber da es an Müllautos fehlt, bleibt der Dreck meistens am Straßenrand liegen und wird von Regen und Wind wieder verteilt. Es gibt also noch viel zu tun in Dar es Salaam, wenn man eine moderne Großstadt werden will!

Leider ist unser Treffen wegen Krankheit ausgefallen, die beiden wichtigsten Ausschussmitglieder mussten wegen Malaria passen. Wir konnten und zwar im kleinen Kreis treffen, aber das ist nicht ausreichend, weil keine Entscheidungen gefällt werden können. Den freien Nachmittag genieße ich bei einem Besuch am Indischen Ozean, obwohl die Hitze unerträglich ist.

Turiani

Am Dienstag bin ich nach Turiani gefahren, um Baraka zu besuchen. Die Stadt liegt nur ca. 290 km entfernt von Dar, aber bei den Straßen braucht man dafür 6 Stunden, es ist quasi eine Tagesreise. Baraka, 8 Jahre, ist der Sohn eines Freundes, ist seit seiner Geburt Körperbehindert. Wer die Berichte liest weiß, dass ich ihn im Juni zu einer Behandlung nach Deutschland geholt hatte. Er konnte bis dahin nicht aufrecht sitzen, seine rechte Körperseite ist motorisch sehr stark eingeschränkt. Nach den 2 Wochen Physiotherapie, sowie sonstigen Behandlungen hat sich seine Motorik bereits erheblich verbessert. Nachdem im August ein befreundeter Physiotherapeut 10 Tage mit ihm in Turiani gearbeitet hat, kann er zumindest aufrecht sitzen und die ersten Gehversuche machen. Ich will schauen, wie es ihm jetzt geht, und auch einige neue Übungen zeigen.

Nachdem er zunächst 3 Jahre in einem Behindertenheim in Dar gelebt hat haben ihn seine Eltern zurückgeholt. Sie haben in Deutschland von Martina Kriegbaum, einer Physiotherapeutin in Frammersbach, einen Behandlungsplan bekommen, den sie seither täglich durchführen. Als ich angekommen bin saß er inmitten seiner Geschwister und Freunden, es fällt auf den ersten Blick überhaupt nicht mehr auf, dass er körperbehindert ist.

Da er nicht in die Schule kann wird er zuhause unterrichtet, er macht große Fortschritte.

Er fühlt sich sichtlich wohl, vor Allem mit seinen Schwestern zusammen zu sein, die ihm liebevoll helfen, wenn er etwas braucht.

Ich habe 2 Tage lang mit Baraka neue Übungen gemacht, die ich von den Physiotherapeuten mit auf den Weg bekommen habe. Wir haben immer noch Hoffnung, dass er laufen lernen wird, aber das wird ein harter Weg für Baraka!

Mgolole Waisenhaus

Morogoro liegt auf dem Weg von Turiani zurück nach Dar es Salaam und dort befindet sich das Waisenhaus, das wir im August zum ersten Mal besucht haben (s. Reisebericht). Wir haben die Einrichtung danach in unser Patenschaftsprogramm aufgenommen, die Arbeit die dort von den Mgolole Srs geleistet wird ist unterstützenswert. Frau Ostalecki aus Neumarkt/Opf hilft der Einrichtung seit mehreren Jahren und sie hat mich gebeten auf dem Weg vorbei zu schauen, denn wir haben beim letzten Besuch eine Brunnenbohrung veranlasst. In 110 m Tiefe wurde ausreichend Wasser gefunden, jetzt geht es darum, wie dies hochgepumpt werden kann. Dem unscheinbaren Bohrloch sieht man nicht an, dass es über 100 m tief hinabreicht.

Ich bin mit einem solar fundi (Solarlektriker) hingefahren, denn es soll eine direct pumping Anlage installiert werden, d.H., dass die Anlage, sobald die Sonne aufgeht und die Module genügend Strom liefern die Pumpe anläuft und den ganzen Tag pumpt. Dies ist bei der Anschaffung etwas teurer, aber sehr effektiv, denn bei den vielen Stromabschaltungen hier müsste ein zusätzlicher Generator angeschafft werden.

Im August waren in der Einrichtung noch 45 Kinder, jetzt im Dezember ist die Zahl auf 61 angewachsen, die jetzt, da Ferien sind, auch alle da waren.

Inzwischen sind es 6 Schwestern, die die Kinder betreuen, was viel zu wenig ist, wenn man weiß, dass sie 3 Säuglinge und 13 Kinder haben, die unter 2 Jahre alt sind.

Einige der Kinder sind sichtlich traumatisiert und/oder hospitalistisch, jedes von ihnen bräuchte eigentlich eine Einzeltherapie!

Die Kinder sind sehr unterschiedlich, manche haben keine Distanz und gehen sofort auf Fremde zu, andere weinen, möglicherweise weil sie Weiße sehen. Vielleicht ist es aber auch nur mein Bart? Die Schwestern sind jedenfalls sehr dankbar für die Hilfe und freuen sich darauf, dass sie bald genügend Wasser für die Kinder haben werden. Wer uns dabei unterstützen will, sei herzlich willkommen.

Mein Begleiter Babuu und ich waren sehr betroffen über die Situation der Kinder. Babuu hat selbst einen behinderten Sohn (Fehler der Ärzte bei der Geburt), er war sehr still bei der Rückfahrt.

Nach über 6 Stunden sind wir wieder in Dar angekommen, zum Abschluss gabs am Meer Samaki na Chipsi (gegrillten Fisch mit Pommes) und ein kühles Kilimanjaro, das haben wir uns nach der langen Fahrt verdient!

Ich bin sehr froh darüber, dass alles geklappt hat, morgen geht es wieder zurück nach Hause in den Winter. A propos Winter: hier in Dar werden, wie bei uns auch, jetzt schon überall Weihnachtslieder gespielt, das ist so was von befremdlich für mich, bei 35 °C am Meer Stille Nacht, Heilige Nacht auf Englisch zu hören, das kann ich gar nicht beschreiben.

Mit diesem letzten Blütengruß beende ich meinen Bericht, ich bedanke mich für Euer Interesse an unserem Engagement und wünsche aus der Hitze Frohe Weihnachten!